Jung führt alt: Wie gehe ich als Führungskraft mit älteren Mitarbeitern um?
Es ist schon eine Umstellung, wenn man neu in eine Führungsposition kommt. Viele Aufgaben und Perspektiven verändern sich. Eine ganz besondere Herausforderung ist gerade für sehr junge Führungskräfte das Führen von älteren Mitarbeitern. Gerade durch den demografischen Wandel kommt es immer häufiger vor, dass die unausgesprochenen Regel: „Alt führt jung“ auf den Kopf gestellt wird. Für beide Seiten eine ungewohnte Situation, an die sich das Team und die Führungskraft gewöhnen müssen.
Für die Akzeptanz von Führungskräften gehören neben der Ernennung zur Führungskraft (also Kraft der Funktion) auch die (fachliche und soziale) Kompetenz und die Zugehörigkeit zum Feld (Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, (Branchen-)Erfahrungen,…). Gerade junge Führungskräfte haben hier einen Nachteil. Sie können noch gar nicht so viele Erfahrungen haben, ihr Job- und Lebensalter können sie auch nicht beeinflussen. Das macht es ihnen schwerer, vom Team – insbesondere von älteren Mitarbeitern – akzeptiert zu werden und sich zu behaupten. Für junge Führungskräfte kommt in der Regel ein Aspekt bei der Führungsarbeit hinzu: Sie müssen sich die Akzeptanz deutlich mehr erarbeiten und immer wieder unter Beweis stellen, dass sie einen Führungsanspruch haben als ältere Führungskräfte. Es gilt eine wechselseitige Akzeptanz aufzubauen. Doch mit etwas Achtsamkeit sich selbst und anderen gegenüber kann auch dieser Spagat gelingen.
Wie schaffe ich es als junge Führungskraft ältere Mitarbeiter zu führen?
Auch hier zählt als erster Schritt zum Erfolg die respektvolle Haltung gegenüber älteren Mitarbeitern. Das heißt nicht, dass die Führungskraft vor Ehrfurcht erstarren muss und nicht auch älteren Mitarbeiter widersprechen kann. Vielmehr ist damit gemeint, dass die junge Führungskraft die Erfahrung, das Wissen und Können, das sich bei den Mitarbeitern angesammelt hat respektieren und anerkennen. Und im besten Fall für die Entwicklung des Teams aktiv nutzen. Die Führungskraft kann gerade erfahrene Mitarbeiter um ihre Meinung und ihre Expertise fragen, um Entscheidungen zu treffen. Die innere Einstellung, dass erfahrene Mitarbeiter einer jungen Führungskraft hilfreich sein können ist auch förderlicher als den älteren Mitarbeiter als unflexibel und unaufgeschlossen gegenüber Neuen wahrzunehmen. Oft kann der Eindruck bei jungen Führungskräften entstehen. Ich selbst habe dies auch am Beginn meiner Führungserfahrungen erlebt. Die Mitarbeiterin hat immer wieder auf „stur“ gestellt und ich habe mich redlich bemüht sie von meiner Meinung zu überzeugen. Alles Zureden und durchgreifen nützte nichts. Bis ich mir die Zeit genommen habe und mich und meine Ideen zurückgenommen habe und einfach mal nur gefragt und zugehört habe. Auf einmal wurde mir klar, dass wir das gleiche wollten, nur waren wir uns über den Weg uneinig. Die Mitarbeiterin wollte die gleiche Veränderung wie ich. Damit veränderte sich unser Verhältnis zueinander deutlich. Wir tauschten uns aus und nachdem ich ihre Ideen würdigte und annahm, konnte die Mitarbeiterin auch meine Ideen annehmen und würdigen. Wir wurden ein gutes Team und ergänzten uns blendend. Die Mitarbeiter war meine flexibelste und innovativste Mitarbeiterin, obwohl es viel jüngere im Team gab, die jedoch bei weitem nicht so veränderungsbereit waren. Es ist also ein Märchen, dass alte Mitarbeiter nur ihren Job machen wollen und nichts mehr im Berufsleben erreichen wollen. Sie wollen das vielleicht nur nicht mehr um jeden Preis und verleugnen sich selbst nicht dafür. Etwas was man sich von ihnen auch als junger Mensch abschauen kann. Für (junge) Führungskräfte heißt das, besser die Mitarbeiter individuell zu betrachten, zu beurteilen und zu behandeln als in (Lebensphasen-)Modellen zu denken. Damit ist das persönliche Gespräch in einem vertraulichen Rahmen die beste Möglichkeit für Führungskräfte, um die Bedürfnisse und persönlichen Ziele der Mitarbeiter kennen zu lernen. Denn es gibt keine verlässlichere Quelle, was ein Mitarbeiter braucht als der Mitarbeiter selbst.
Genauso wichtig wie die innere Haltung gegenüber den Mitarbeitern sind auch die eigene Klarheit der Führungsrolle und das eigene Profil als Führungskraft. Damit gibt es für alle eine klare Handlungsorientierung und lässt allen Generationen genügend Handlungsraum innerhalb dessen man sich eigenverantwortlich bewegen kann und die Führungskraft kann klarer eingeschätzt werden, was ihr wichtig ist und wo ihre (persönlichen) Schwerpunkte liegen. Gerade erfahrene Mitarbeiter merken sehr schnell, wenn eine Führungskraft sich aufgesetzt verhält. Das wird meist abgestraft. Vertrauen kann so zum Beispiel entzogen werden oder Informationen werden nicht mehr oder nur begrenzt weitergegeben.
Ein weiterer Aspekt ist, dass viele - nicht nur die ganz jungen Führungskräfte - dazu neigen, die jungen Mitarbeiter stärker in die Verantwortung zu nehmen im Vergleich zu älteren. Doch oft wollen gerade ältere Mitarbeiter ebenso auf dem neuesten Stand sein, rücken sich aber nicht so sehr in den Vordergrund, weil sie den jungen nichts an Schulungsmaßnahmen und Chancen wegnehmen möchten. Deshalb ist es Aufgabe der Führungskraft darauf zu achten, dass auch ältere Mitarbeiter gefördert und gefordert werden. Gerade weil sie viel Erfahrung haben, wollen sie auch mal Kritik hören und sich weiterentwickeln. Sie wissen, was sie bereits geleistet haben und so fallen sie auch nicht so schnell in Selbstzweifel, wenn sie mal kritisiert werden. Im Gegenteil kann dies oft ein Ansporn sein: Jetzt erst recht. Aber Achtung alles unter dem Aspekt des gegenseitigen Respektes. Also Kritik nicht von oben herab: „Schau mal heute macht man das anders“, sondern in Co-Kreation gemeinsam neue Wege erforschen und sich auch Tipps und Rat von dem Mitarbeiter einholen. So können wertvolle neue Prozesse für das Unternehmen und das Team entstehen.
Auch die Einhaltung von Höflichkeitsregeln ist ein wichtiger Baustein für das gemeinsame Miteinander zwischen junger Führungskraft und erfahrenen Mitarbeitern. Dass beide Seiten dies als selbstverständlich halten, erlebe ich immer wieder in Gesprächen in Unternehmen, in denen ich meine Nachwuchsführungsprogramme halte. Leider ist es auch oft so, dass die jüngeren und älteren Mitarbeiter ein unterschiedliches Verständnis davon haben, was höflich ist und was nicht. Deshalb ist es gut, dass die Führungskraft offen anspricht, wenn etwas nicht ganz rund läuft und den Mitarbeiter fragt, was ihm im Umgang miteinander wichtig ist und gerade in Bezug auf Höflichkeitsregeln sich die junge Führungskraft der älteren anpasst.
Fazit:
Junge Führungskräfte haben es oft schwerer sich die Akzeptanz im Team zu erarbeiten wie erfahrene und ältere. Dies können Sie ausgleichen, indem sie mit Hilfe ihrer sozialen Kompetenzen sich in die Situation Ihrer Mitarbeiter hineinversetzten, gut zuhören, Kooperationsbereitschaft signalisieren und respektvoll sowie anerkennende miteinander umgehen.