Wie führe ich ein Unternehmen in einer Krise?

 

Gerade haben wir durch das Coronavirus ausgelöst eine weltweite Krise. Vieles steht still, Betriebe können nicht mehr vollumfänglich arbeiten, in manchen Branchen ist das Geschäftsleben praktisch voll zum Erliegen gekommen. Dies löst bei vielen Unternehmen eine Krise aus. Gerade auch viele gesunde Unternehmen sind eine Situation ausgesetzt, in der sie nicht wissen wie es weitergehen wird.

Doch zunächst möchte ich den Begriff Krise erst mal näher betrachten und die Herausforderungen für Führungskräfte aller Ebenen herausarbeiten bevor ich dann einige Tipps zur Steuerung und Umgang mit Krisen im Unternehmen gebe.

Was ist eine Krise?

Der Duden bezeichnet eine Krise als „schwierige Lage, Situation, Zeit [die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt]; Schwierigkeit, kritische Situation; Zeit der Gefährdung, des Gefährdetseins“. Damit zeigt sich, dass eine Krise sich durch Zahlen, Daten und Fakten darstellen lässt, also wenn zum Beispiel Liquiditätsprobleme auftauchen, deutliche Umsatzeinbußen auftreten oder auch Vertrauensverluste in der Öffentlichkeit oder bei den Kunden entstehen. Andererseits ist eine Krise auch immer etwas subjektiv Empfundenes, also ein Unternehmen kann gefühlt in einer Krise sein, weil die Umsätze konstant bleiben und dies als eine Bedrohung wahrgenommen wird.

In Krisen ist es ungewiss wie der Fortgang und die Entwicklung sein wird und die Weiterentwicklung des Unternehmens ist stark beeinträchtigt. Damit wird die Situation sehr komplex, da es selten nur eine Ursache für eine Krise gibt und praktisch alle Unternehmensbereiche betroffen sind. Somit ist eine Krise auch schwer zu beherrschen und sie erfordert vor allem von der Geschäftsführung und dem Führungsteam eine hohe Aufmerksamkeit und bindet wichtige Ressourcen. Schnelles Reagieren ist oft gefordert, Entscheidungen müssen schnell getroffen werden, auch wenn noch nicht alle Informationen vorliegen und Konsequenzen durchdacht sind.

Welche Herausforderungen gibt es in der Krise?

Die fehlenden Ressourcen, seien es finanzielle oder personelle, führen zu einem eingeschränkten Handlungsspielraum und es sind nicht mehr alle Lösungswege offen, um aus der Krise herauszukommen. Damit besteht eine hohe Veränderungsnotwendigkeit, wohingegen aufgrund des erhöhten Risikos die Veränderungsbereitschaft im Unternehmen eher gering ist. Es geht meist um eine Transformation und einen Turnaround, der möglichst schnell erfolgen sollte.

Hinzu kommt ein enormer Druck auf alle Beteiligten, da ein Scheitern nur wenige bis keine zweite Chance ermöglicht. Deshalb ist es für die Führungskräfte wichtig, dass sie besonnen, mutig und entschieden vorgehen müssen.

Eine Krise zeichnet sich genau dadurch aus, dass sie ein Unternehmen zu schnellem Handeln zwingt, aber gleichzeitig ist es für Führungskräfte wichtig, genau zu analysieren und die Konsequenten ihrer Entscheidungen abzuwägen. Hier das richtige Maß zu finden, um nicht zu lange zu warten, sich aber genügend Informationen einzuholen, ist ein Spagat, dem sich jede Führungskraft Stand halten muss.

Dazu gehört auch, dass man sich Zeit nimmt und Instrumente schafft, um den Kunden und Nichtkunden genau zuzuhören. Welche Probleme haben sie und was sind ihre Bedürfnisse? Wie kann das Unternehmen dabei unterstützen? Wie kann ich Kunden wiedergewinnen? Was kann ich zur Kundenbindung tun? Wer ist unsere Zielgruppe?

Genauso gehört natürlich auch die Analyse des Marktes dazu: Was braucht der Markt? Was machen die Mitwettbewerber? Was unterscheidet uns von diesen?

Dazu gibt es viele Analyse - Instrumente, die sie zusammen mit Ihrem Management einsetzten können, wie zum Beispiel Portfolioanalyse, SWOT-Analyse, Zielgruppenanalyse, Benchmarketing, Branchenstrukturanalyse, …. Gleichzeitig sollten Sie Ihre KPI regelmäßig und engmaschig überprüfen.

Aber auch die Softskills sind nicht zu unterschätzen und können leicht zu harten Fakten werden, wenn man diese vernachlässigt. Auch hier gilt es ein ausgewogenes Verhältnis zu finden um die richtigen Prioritäten zu finden. Es braucht zwischen Sachlichkeit, Emotionalität und Beziehungsmanagement eine gute Balance. Und die ist gerade in Stresssituationen für Mitarbeiter und Führungskräfte schwer zu finden. Denn Stress zeichnet sich ja gerade dadurch aus, dass unsere Wahrnehmungen und unsere Handlungsmuster sich einschränken. Emotionen wie Angst, Wut, Schuldgefühle gegenüber denen, die aufgrund der Rationalisierungsmaßnahmen zum Opfer gefallen sind, Enttäuschungen, Hilflosigkeits- und Ohnmachts-Gefühle, Misstrauen mischen sich in den Alltag und führen zu zusätzlichem Konfliktpotential. Viele wollen gerade zu Beginn der Krise, die Krise nicht wahrnehmen und verleumden sich und anderen gegenüber den Problemen und schauen übertrieben auf das, was noch geht, auch wenn es gerade kaum Bedeutung für die jetzige Situation hat.

Gleichzeitig wird es aber auch die Mitarbeiter geben, die Aufbruchstimmung, eine Jetzt-Erst-Recht-Mentalität an den Tag legen und Hoffnung und neue Zukunftsperspektiven sehen und dabei die Gefahr besteht, dass Schwächen und Bedrohungen nicht beachtet werden und auch keine erforderlichen Reaktionen erfolgen. Diese gilt es zu fördern und zu stärken, um sie als Multiplikatoren für die Transformation zu nutzen.

Die Führungskraft muss all diese Unterschiedlichen Tendenzen erkennen, individuell, klar und dennoch verständnisvoll auf alle eingehen und das, obwohl sie selbst in einer Ausnahmesituation ist. Dabei passiert es nicht selten, dass Führungskräfte in eine Schockstarre verfallen.

Zudem passiert es häufig, dass gerade in der Krise besonders die guten Mitarbeiter entweder selbst abwandern oder wenn es in der Öffentlichkeit bekannt ist, sie auch leicht von anderen abgeworben werden. Auch hier müssen die Führungskräfte gegensteuern.

Zuletzt gilt es auch die Öffentlichkeit und die Kunden mit einem guten Kommunikationskonzept transparent und vertrauensvoll zu informieren.

Das Führungsteam hat also in Krisensituationen an vielen verschiedenen Fronten gleichzeitig einzugreifen und braucht schnelle, pragmatische Lösungen.

Deshalb müssen die Prioritäten in der Krise klar gesetzt werden:

Welche Prioritäten setzten sich Führungskräfte in der Krise?

Zu allererst gilt es das Tagesgeschäft zu stabilisieren und die Liquidität zu sichern, um zu verhindern, dass noch mehr Umsatz und Kunden wegbrechen. Deshalb ist es gerade in der Krise wichtig, dass die Kundenorientierung nicht im Stress untergeht. Auf einmal weniger kulant zu sein und weniger im Gespräch zu sein mit seinen Kunden, wirkt sich verstärkt negativ auf das Tagesgeschäft aus, selbst wenn die Not noch so groß ist und der schnelle Euro auf dem Konto jetzt von besonderer Bedeutung ist. Viel zu oft wird dem Vertrieb jetzt Druck gemacht, sich nochmal beim Kunden zu melden, damit der Umsatz noch in diesem Monat in die Zahlen mit einfließt. Doch genau das führt dazu, dass Kunden zum einen Vertrauen verlieren („Haben die es so nötig? – Wie lange halten die denn noch durch?“) oder aber von den häufigen Anfragen genervt sind und somit negative Gefühle mit dem Produkt/der Dienstleistung aufkommen. Dies alles verschlechtert die Kaufbereitscheit zumindest mittel- bis langfristig und verschlimmert die Krise um so mehr.

Deshalb ist es besser an umsatzsteigernden Maßnahmen zu arbeiten, die einen wirklichen Mehrwert dem Kunden bieten und so eine positive Kaufentscheidung entsteht, die der Kunde im besten Fall wiederholt und sie weiterempfiehlt.

Gleichzeitig sollte die Geschäftsleitung auch am Redesign der Strategie, Strukturen und Prozesse arbeiten. Die Vision, Mission und die Zielsetzungen des Unternehmens müssen an die aktuelle Situation angepasst werden, so dass daraus neue Zukunftsperspektiven entstehen und auch eine Neuorientierung der Mitarbeiter möglich ist. Damit beginnt die Transformation des Unternehmens, um wieder marktfähig zu werden.

All dies muss durch eine transparente, ehrliche und offene Kommunikationspolitik den Mitarbeitern, Lieferanten und im Besonderen den Kunden vermittelt werden. Hierzu sollten sich die Führungskräfte Profis an die Seite stellen, die genau darauf ausgerichtet sind Krisenkommunikation zu managen.

Was kann das Führungsteam konkret in der Krise tun?

Ganz konkret ist es hilfreich einen interdisziplinären Krisenstab einzuberufen, der die Analysen durchführt, strategische Entscheidungen vorbereitet und beratend und informierend der Geschäftsführung zur Seite steht. Der Führungsstab dient dem Führungsteam dazu, dass er alle Probleme möglichst lückenlos identifiziert und die möglichen Szenarien durchspielt (best und worst case Szenario).

Das Führungsteam muss sich konkrete Ziele für die Krise setzten, so dass es konkret sehen kann, wie weit sie sich von der Krise wegbewegen und ob sie sich zu den gewünschten Zielen hinbewegen. Gleichzeitig unterstützt dies auch das Team, da die Mitarbeiter eine Orientierung für ihr Handeln haben und somit Sicherheit bietet. Gleichzeitig ist dies auch eine Entlastung der Führung, da die Mitarbeiter viele Entscheidungen selbst auf Grundlage der Zieldefinition treffen können und so schnelle vor Ort Entscheidungen im Interesse des Unternehmens getroffen werden können. Das Vertrauen in die Mitarbeiter vorausgesetzt.

Selbstverständlich gilt es auch anhand der Zielsetzung Messgrößen festzulegen, die durch das Controlling regelmäßig verfolgt und ausgewertet werden, um bei Fehlentwicklungen gegensteuern zu können.

Wie schon mehrfach in diesem Artikel erwähnt, ist eine klare, herzliche, offene und transparente Kommunikation ein wichtiger Erfolgsschlüssel für das Krisenmanagement. Dazu gehört:

Alle relevanten Zahlen, Daten, Fakten gegenüber den Mitarbeitern offen und verständlich darstellen. Dabei auch die Folgen für das Unternehmen so sachlich wie nur möglich darstellen ohne Ereignisse zu dramatisieren oder zu bagatellisieren.

Förderung des konstruktiven Austauschs mit den Mitarbeitern, um sicherzustellen, dass alle mit beteiligt werden und ihren Handlungsspielraum durch eine größtmögliche Informationspolitik gewährleistet ist und möglichst viele die Veränderungsnotwendigkeit nicht nur verstehen, sondern sich auch mit den Zielen und Maßnahmen in der Krise identifizieren können. Dies hilft auch um alle aus der Schockstarre zu führen und wieder offen zu machen, um Ideen und Unterstützung durch die Mitarbeiter zu erhalten.

Die einzelnen Führungskräfte sollten in regelmäßigen Abständen mit ihrem Team Meetings durchführen, um zu besprechen, was sie genau in ihrer Abteilung umsetzten müssen,  um klare Strukturen zu behalten und Ideen zu sammeln, wie die Situation im Team verbessert werden kann. Dabei ist es wichtig, dass das Team durchaus die Möglichkeit hat, dass es seine Ängste und schlechten Gefühle äußern darf (besser offen im Meeting als versteckt und dennoch präsent im Alltag). Dabei muss jedoch die Abteilungsleitung darauf achten, dass das Team nicht ins Jammern und Lamentieren verfällt, sondern dann auch wieder nach vorne schauen kann und aktiv ins Tun kommt.

Jede Teamleitung sollte darüber hinaus einzelne Teammitglieder im Auge haben und nicht  vor betriebsamer Hektik vergessen auch Einzelgespräche mit Mitarbeitern zu führen, sei es um zu motivieren, zu coachen, Wissen aufzubauen oder aber auch um Verständnis zu zeigen für Angst, Wut und Enttäuschung. Denn diese Gefühle lenken ab und führen dazu, dass der Mitarbeiter seinen Fokus und seine Priorität aus den Augen verliert und/oder unkonzentriert arbeitet oder im schlimmsten Fall ein sehr guter Mitarbeiter das Unternehmen verlässt.  Deshalb darf die Führungskraft im Gespräch nicht vergessen auch konkrete Lösungen den Mitarbeiter ausarbeiten zu lassen. Oft unterstützt die Führungskraft den Mitarbeiter am meisten dadurch, dass sie ihm beim Reflektieren der eigenen Situation coachend zur Seite steht, beim ordnen der Gedanken unterstützt für mehr Klarheit und Selbstbewusstsein aufbaut, wenn der Mitarbeiter selbst eine Lösung gefunden hat.

Gleichzeitig dürfen die Motivation und Anerkennung der Mitarbeiter in Krisenzeiten nicht fehlen. Gerade in Krisenzeiten sind die Anstrengungen und Belastungen besonders hoch. Der Fokus richtet sich automatisch mehr auf das, was es zu verbessern gibt und weniger auf das, was positives entstehen kann oder bereits geleistet wurde. Dabei kann es passieren, dass das Loben und die hohe Belastung und Erfolge einzelner Mitarbeiter und Teams aus dem Blick geraten. Deshalb ist es wichtig, dass die Führungskraft sich selbst dazu auffordert auch die positiven Verhaltensweisen und Ergebnisse wahrzunehmen und auch konkret gegenüber dem Mitarbeiter zu würdigen, selbst wenn der Berg noch so hoch ist. Dazu zählt auch, dass Erfolge im Team gefeiert werden, trotz Krise und begrenzter Ressourcen wie Zeit, Geld und Nerven.

Und genau diese Nerven braucht eine Führungskraft. Doch diese strapazieren Führungskräfte in schwierigen Zeiten oft über Gebühr. Deshalb ist es auch eine Aufgabe für Führungskräfte sich selbst zu schonen und die eigene innere Balance zu stabilisieren. Pausen machen, mal tief durchatmen, Humor zeigen, Bewegung sind gute Instrumente, um sich kurzfristig etwas Luft zu verschaffen. Tiefere Lösungen findet man, wenn man die eigenen Ängste und negativen Gedanken nicht verdrängt, sondern wahrnimmt. Denn sie sind oft ein guter Helfer, um Lösungen zu erarbeiten und damit auch wieder mehr Sicherheit für sich selbst aufzubauen. Außerdem sollte sich die Führungskraft Unterstützung von Kollegen und externen Beratern/Coaches holen, um auch wieder einen klareren und freieren Blick aus der Vogelperspektive zu bekommen. Und um andere Meinungen gegen die eigene abzuwägen. Gespräche mit Experten und Kollegen schaffen auch nochmal einen Rundum - Blick auf das Problem und erweitert die Wahrnehmung auf das Problem.

Nur wenn die Führungskraft für sich Stabilität gewonnen hat, kann sie auch als Vorbild für das Team agieren. Doch nur Ruhe, Zuversicht und Handlungsfähigkeit als Vorbild reicht hier oft nicht aus, um das Team auch für sich zu gewinnen. (Nicht nur) in Krisenzeiten gilt es auch mal selbst mit anzupacken als Führungskraft und sich selbst nicht zu schade für irgendwelche Aufgaben zu sein. Da wo angepackt werden muss, anpacken. So hat in der aktuellen Cornakrise der IHK Geschäftsführer Köln selbst sich am Wochenende mit an das Beratungstelefon für die Unternehmer gesetzt und eine Schicht beim Beratungstelefon mitgemacht. Solche einfachen Gesten haben oft eine große Wirkung, denn sie zeigt den Mitarbeitern und Kunden, dass jeder im Unternehmen daran arbeitet, dass die Krise überwunden wird. Es zeigt aber auch, dass alle ein Team sind und alle gleich wichtig sind. Abgesehen von den vielen Informationen, die der Geschäftsführer so direkt aus erster Hand von seinen Kunden erfährt und daraus konkrete Maßnahmen ableiten kann, haben diese Gesten wichtige Vorbildfunktion und Motivation für die Mitarbeiter. Solche Einsätze im operativen Bereich eines Unternehmens sind nicht nur in der Krise sinnvoll, aber in Krisenzeiten besonders.

Sobald etwas Luft geschaffen wurde und erste Ressourcen wieder frei werden, sollte die Führungsebene in Innovationen und Weiterbildungen der Führungskräfte und Mitarbeiter investieren, damit diese für die Aufgaben der Zukunft vorbereitet sind und diese meistern können.  

Fazit:

Krisen zu bewältigen ist eine komplexe Führungsaufgabe. Viele Bereiche und Prozesse müssen verändert und neu ausgerichtet werden. Dies erfordert Mut, Augenmaß, hohe fachliche und soziale Kompetenz. Jede Führungskraft ist gut beraten, sein Team, Kunden, Lieferanten und Banken in die Bewältigung der Krise aktiv mit einzubeziehen, um Vertrauen und Kompetenz aufzubauen und schnelle wirksame Lösungen zu finden, die das Unternehmen aus der Krise führen. So können Krisen Unternehmen auch stärken und das Miteinander im Team vertiefen, denn Krisen, die ein Team überwinden, führen zu mehr Selbstvertrauen und Vertrauen untereinander.

Letzte Änderung am Sonntag, 15 November 2020 15:22
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