Warum Führungskräfte auch mal etwas Nicht - Tun sollten
In einem Zeitmanagement-Seminar, das ich vor einer gefühlten Ewigkeit besucht habe, hat der Trainer in einem Pausengesprächs ein Bild für mich gezeichnet: „Wenn Du nichts loslässt von dem was Du gerade hast, dann ist auch kein Platz in Deinen Händen für Neues“. Ich denke sehr oft daran, wenn ich mal wieder viel zu viel zu tun habe oder einfach auf Dinge, die ich tun muss, aber keine Lust dazu habe: Was halte ich fest, dass mich von Neuem abhält?
Und auch in den letzten Tagen habe ich wieder daran gedacht, als ich das Buch „Das anständige Unternehmen“ von R.K. Sprenger angefangen habe zu lesen, in dem er ebenfalls vom Nicht-Tun und Nicht-Mehr- Tun spricht.
An was halten wir fest?
Oft sind das alte Verhaltensweisen, die mir so lieb geworden sind, dass ich sie nicht loslasse. Das können Ideen sein, die ich toll finde, aber keine Zeit finde sie zu machen und ich deshalb ein schlechtes Gewissen habe. Das sind auch private und berufliche Beziehungen und Netzwerke, die mir schon lange nicht mehr Freude machen, die aber einmal so schön waren. Das sind Seminare oder Methoden, die einmal gewirkt haben, aber heute nicht mehr in die Zeit passen.
Bei meinem Selbsttest zum Thema: „Jeden Tag etwas anders machen“ habe ich schon einmal eine Don´t Liste entworfen, das hat wirklich geholfen mir klar zu machen, was möchte ich nicht mehr und daraus ergab sich auch, was möchte ich statt dessen. Und tatsächlich, die Liste wirkt noch heute: Ich sitze nur noch sehr selten abends auf dem Sofa und schaue Fernsehen oder verzichte auf meine Pause. Oft mache ich sogar etwas Schönes in meiner Pause. Dieses nicht Tun hat mir geholfen, dass es wieder Platz gab und meine Lebensqualität, aber auch die Qualität meiner Arbeit sich gesteigert hat. Ich habe mir immer, wenn ich mich dagegen entschieden habe nicht TV zu sehen automatisch überlegt: Wie kann ich den Abend für mich schön gestalten? Da sind mir sehr viele schöne Dinge eingefallen.
Gut, das hört sich jetzt nicht nach einem Beitrag für Führungskräfte an, es sei denn ich wollte Führungskräfte trainieren eine bessere Work-Life Balance zu ermöglichen oder ihr Zeitmanagement zu verbessern. Doch Führungskräfte können daraus für den Alltag viel ableiten?
Egal, was ist, Führungskräfte stellen regelmäßig und viele Maßnahmenkataloge, To-Do Listen und Zielvereinbarungen auf. Sie sollen helfen, dass sie und Ihr Team entweder noch bessere Ergebnisse erzielen oder aus einer Krise herauskommen oder sind leider auch oft nur ein Alibi, damit der hierarchisch höhere Vorgesetzte zufrieden ist und sieht, da ist eine Führungskraft die alles im Griff hat, pro-aktiv arbeitet und was auf die Beine stellt. Doch selten beschäftigen sie sich damit, was können wir eigentlich im Team und der Organisation einfach mal Nicht – Tun oder Nicht – mehr – tun oder weniger tun?
Diese Fragen sind wichtig, denn wenn wir immer nur überlegen, was machen wir, was kommt dazu, dann erleben wir „plötzlich“ eine Organisation, die sich selbst verwaltet oder ein Team, das nicht mehr weiß was und wozu es gerade etwas macht. Die Überforderung der Veränderungen sind im Team und bei den Führungskräften spürbar, da kaum noch einer weiß, was zuerst gemacht werden sollte oder auch um was es eigentlich noch geht. Das blockiert Neues, senkt das gute Betriebsklima und verhindert langfristig Erfolge.
Wer sich nie die Frage stellt, was man nicht mehr braucht, der läuft Gefahr, dass immer wieder neue Aufgaben und Strategien entwickelt werden ohne die alten abzuschaffen. Es wird also immer mehr und mehr und mehr. Und irgendwann ist kein Platz mehr für Neues. Es ist wie das E-Mail-Postfach, wenn wir es nicht ab und zu entrümpeln, dann bekommen wir irgendwann die Meldung von unserem Server, dass kein Platz mehr da ist und wir keine E-Mails mehr erhalten können. Der ach so gefürchtete Stillstand ist dann tatsächlich durch zu viel Aktion eingetreten. Ich weiß, der eine oder andere denkt jetzt, ich würde mir mal wünschen, dass ich keine E-Mails mehr bekomme. Doch das würde auch bedeuten, dass ein Großteil des schnellen Austauschs von Informationen versiegen würde. Neue Informationen kommen nicht mehr hinzu und damit wird es auch immer schwerer auf dem neuesten Informationsstand zu sein. Und dann fühlt man sich auch nicht mehr am Geschehen beteiligt. Die Kunst ist für sich und sein Team das richtige Maß an Veränderungen und Bewahren von Altem zu finden. Wenn Führungskräfte und Unternehmen diese nicht berücksichtigen, dann laufen sie und ihre Mitarbeiter Gefahr in eine Sackgasse zu laufen.
Was kann ich als Führungskraft tun?
Wissen was sinnvoll ist. Das klingt einfach und doch stellen sich viele Führungskräfte diese Frage zu selten.Fragen Sie sich, was werden wir nicht tun und was lassen wir in Zukunft einfach sein? Was erfüllt wirklich den Sinn unseres Tuns und was ist uns wirklich wichtig? Am besten erfolgreichsten ist dies, wenn Führungskräfte dies mit ihrem Team gemeinsam in einem Workshop analysieren.
Denn wenn wir wissen, was wirklich wichtig und sinngebend ist, dann ist es nur noch ein kleiner Schritt zu erkennen, was überflüssig ist, nicht gut tut, nicht erfolgreich ist und was wir nicht mehr in dem Ausmaß wie bisher verfolgen wollen.
Wenn die Führungskraft nun Verantwortung übernehmt, dann beginnt sie konsequent, das loszulassen, was unwichtig ist. Damit erreichet sie, dass sie und das Team sich auf das konzentrieren kann, was wichtiger und voller Sinn für das Geschäftsfeld ist. Und daraus werden sich Teams weiterentwickeln, wenn Sie den Mut haben auf Dinge zu verzichten.
Beim Aufstellen der Liste kann es passieren, dass die Führungskraft erkennt: Dieser Punkt ist nicht so wichtig und gleichzeitig merkt sie: Wenn ich und mein Team darauf ganz verzichten, dann wird aber auch etwas fehlen. Dann kann es helfen, dass zunächst die Entscheidung getroffen wird, etwas nicht mehr so oft zu tun. Zum Beispiel kann Social Media ein wichtiger Teil einer Werbekampagne sein, aber wenn das Unternehmen noch immer mehr Kunden über Offline-Marketing gewinnt, dann kann es eine richtige und zukunftsweisende Entscheidung sein, Social Media weiter zu verfolgen nur etwas Tempo aus dem Thema zu nehmen.
Nicht- Tun und Nicht-Mehr tun heißt aber nicht Nichts – Tun (R.K. Sprenger).
Wenn wir nun Nein zu einer Einstellung oder Verhaltensweise oder zu einem Geschäftsfeld sagen, dann bedeutet das, dass wir zu etwas anderem Ja sagen. Und auch diese Fragen gilt es als Führungskraft zusammen mit seinem Team zu beantworten:
- Was können wir stattdessen tun?
- Was sind sinnvolle und wichtige Dinge, die wir tun wollen und tun werden?
- Was ist für uns und unsere Zukunft bedeutend?
Mit Hilfe dieser Überlegungen kann eine Führungskraft für sich und ihr Team mehr Qualität in den beruflichen Alltag integrieren. Denn es passiert automatisch, dass alle sich auf die wesentlichen Dinge im Alltag fokussieren, sofern alle von der Entscheidung überzeugt sind. Und dieFührungskraft und das Team sich immer wieder bei Entscheidungen vor Augen, was wurde vereinbart.
Sind Sie neugierig geworden, wie es ist etwas Nicht-Tun? Dann probieren Sie es aus!
Zur Unterstützung biete ich Ihnen einen kleinen Reflektionsbogen an.
Wie erhalten Sie diesen? Schreiben Sie mir eine E-Mail an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! und Fragen kostenlos den Reflektionsbogen „Nicht-Tun“ an.
Was ich nicht tun werde: Ihre E-Mail Adresse in den Verteiler aufnehmen und Ihnen Werbung, Newsletter und anderes zumailen.
Was ich stattdessen tun werde? Ihnen eine E-Mail senden mit einem Fragebogen als Anhang, in dem Sie über Ihr Tun Nicht – So – Viel – Tun und Nicht- (Mehr-) Tun als Führungskraft reflektieren können.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg beim Nicht – Tun und freue mich auf Ihre Erfahrungen und was sich in Ihrem Leben dadurch verändert hat.