Wollen – Können – Dürfen –Müssen

Diese zwei Spannungsfelder zwischen Wollen und Können sowie Dürfen und Müssen sollten Führungskräfte immer im Blick haben, wenn es um Veränderungen geht. Die Pole sind manchmal sehr ausgeprägt in Unternehmen und führen im Alltag und bei der Umsetzung zu Problemen. Welche das sein können zeige ich in diesem Blogbeitrag anhand von Praxisbeispielen.

 

Spannungsfeld Wollen und Können

Auf der einen Seite ist es wichtig, Zukunftsbilder zu schaffen, so dass alle im Unternehmen wissen, wo wollen wir hin. Ist dies nicht klar und/oder nicht kommuniziert, dann machen alle das was sie denken, dass es das Richtige ist ohne eine Gewissheit darüber zu haben. Unsicherheit und Angst vor Fehlern prägen dann den Alltag.

Gerade in der letzten Woche hatte ich erst ein Kundengespräch. Die Geschäftsleitung wollte, dass ihre Führungskräfte ihre Teams klarer steuern und klarere Zielvorgaben geben, dabei sollen die Mitarbeiter auch motiviert sein und das gute Betriebsklima beibehalten werden. Auf die Frage wie soll das denn optimal erreicht werden und wie sollen sie denn genau Führen, welche Werte wollen Sie denn im Unternehmen gelebt haben, sprich welche Führungsleitlinien hat das Unternehmen, konnte mir die Geschäftsleitung keine Antwort geben. Sehr schnell hat die Geschäftsleitung gemerkt, dass ein Zukunftsbild wie Führung gelebt werden soll fehlt und damit auch keiner wirklich weiß, wie er führen soll und was von den Führungskräften erwartet wird. Also macht es jeder nach bestem Wissen und Gewissen. Wir starten jetzt mit einem Workshop, in dem wir die Führungsleitlinien entwickeln, so dass Klarheit herrscht, wie jeder sein Handeln in der Zukunft ausrichten soll. Das Bild dessen, wohin das Unternehmen im Bereich Führung möchte soll klar werden, damit die Führungskräfte auch eine Chance haben, ihr Handeln nach den Erwartungen des Unternehmens hin auszurichten. Damit entsteht eine einheitliche Führung im Führungsteam und die Mitarbeiter können sich an den Führungskräften orientieren.

In einem anderen Unternehmen – mit einer sehr jungen Altersstruktur bei den Führungskräften - waren die Führungsleitlinien sehr klar umrissen, jeder wusste worum es geht, aber keiner hat es umgesetzt. Bei der Befragung der Führungskräfte gab es immer nur ein Stöhnen: „Wir wollen ja und wir versuchen auch alles, aber nichts klappt, wir wissen einfach nicht, wie wir dahin kommen, uns fehlt das Handwerkszeug.“ Wir fanden dann mit den Führungskräften gemeinsam heraus, welche Instrumente und Schulungen sie brauchen, um die Führungsleitlinien umsetzten zu können. Es wurde ein Führungsentwicklungsprogramm über 18 Monaten in Verbindung mit einem Mentoren - Programm entwickelt, das den Führungskräften alles Wichtige an die Hand gab, was sie brauchten. Mit jedem Modul wurden die Leistungen der Teams besser und die Zufriedenheit in den Teams stieg deutlich an.

Für eine einheitliche Führung, die an einem Strang zieht, braucht es ein klares Zukunftsbild. Gleichzeitig, um die Führungsqualität aufrecht zu erhalten braucht es aber auch die sichere und routinierte Anwendung von Führungsinstrumenten, damit die Qualität der Führung im Unternehmen auch hoch ist.

Spannungsverhältnis zwischen Dürfen und Müssen

Hier geht es darum, was ist durch das Unternehmen oder von außen durch Investoren, Gesetzgebern vorgegeben und in welchen Feldern habe ich Handlungs- und Gestaltungsspielraum. Diese Handlungs- und Gestaltungsspielräume müssen klar von einer übergeordneten Instanz vorgegeben sein. Die Führungskräfte haben dann die Aufgabe innerhalb der Handlungs- und Gestaltungsspielräume den Mitarbeitern den Spielraum auch wirklich zu geben und diese Freiheit zuzulassen. Auch hier möchte ich ein Beispiel aus meiner Praxis anführen. In einem großen Unternehmen wurden bestimmte Prozesse optimiert, dafür gab es gerade in der Einführungsphase sehr enge Grenzen. Diese Grenzen wurde von einigen Führungskräften so eng gesetzt, dass die Mitarbeiter begannen nichts mehr alleine zu entscheiden. Sie fragten für alles ihre Führungskräfte. Jeder meckerte über die umständlichen Prozesse und dass das alles viel zu bürokratisch sei, weil man ja für alles die Führungskraft fragen muss. Die Führungskräfte beschwerten sich, dass sie zu nichts mehr kamen, weil ihre Mitarbeiter verunsichert seien und alle Entscheidungen auf sie abwälzten. Die Stimmung war in diesen Abteilungen sehr schlecht. Andere Führungskräfte gaben deutlich mehr Spielraum als erlaubt war und die Umsetzung geriet ins Stocken. Daraufhin haben die Führungskräfte in Workshops begonnen sich auszutauschen, wieviel Handlungs- und Entscheidungsfreiheit sie jeweils den Mitarbeitern lassen wollen. Wo sind die gesetzten Grenzen zu eng und können gelockert werden, wo müssen alle sich mehr an die Regeln halten und die Grenzen einhalten. Gerade bei diesem Spannungsverhältnis zwischen Dürfen und Müssen ist es wichtig, dass die Rahmenbedingungen von allen akzeptiert und eingehalten werden. Denn wenn sie nicht eingehalten werden, dann gerät die Glaubwürdigkeit des Umsetzungswillen der Führungskräfte ins Wanken („die meinen das ja selbst nicht ernst) oder wenn sie zu eng gehalten werden, dann führt dies zu Unsicherheit bei den Mitarbeitern, weil sie Angst haben eine gesetzte Grenzen zu überschreiten und dann dafür zur Verantwortung gezogen werden. Oder der Sinn hinter dem Tun wird nicht mehr erkannt und es erfolgt Dienst nach Vorschrift. Damit werden die Mitarbeiter immer unselbständiger, was darüber hinaus gerade bei den hochqualifizierten Mitarbeitern zu Unzufriedenheit und Frustration führt. Und am Ende zu einer hohen Fluktuationsrate führt.

Auch bei den Spannungsfeldern Wollen – Können und Dürfen – Müssen zeigt sich wieder einmal mehr wie wichtig es ist, dass die Führungskräfte ein klares Verständnis haben, konsequent selbst umsetzten, was sie wollen und das richtige Maß finden zwischen ehrgeizige /große Zukunftspläne und Zeit nehmen, um die Mitarbeiter zu befähigen oder neue Prozesse und Abläufe einzuführen, sowie auch einen klaren Rahmen zu stellen, diesen Rahmen aber nicht zu eng stecken, damit alle noch Handlungs- und Gestaltungsfreiheiten haben.

Letzte Änderung am Sonntag, 15 November 2020 15:30
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